Faust 3st
Das Projekt bestand darin, auf der Basis der umfangreichen Rezeptionsgeschichte der Faustfigur auf dem Theater, in Film und Literatur eine Variante des Sujets für die Bühne zu kreieren. Die Teilnehmer formulierten in Gruppen Scenarios über Motive, die sie am Faust-Stoff besonders interessierten. Diese Scenarios wurden miteinander verschmolzen, in eine dramaturgische Abfolge gebracht und textlich ausgestaltet. Das so entstandene Theaterstück wurde inszeniert und aufgeführt.
Die Handlung stellt Faust als einen Wissenschaftler dar, der in einer Sinnkrise bei einer Rundfunk-Lebensberatung anfragt, was Erfüllung sei. Die drei Bearbeiterinnen wetten um den Erfolg, ihm das zeigen zu können, und nehmen Kontakt zu ihm auf. Ein „teuflischer“ Psychiater, Therapeut der einen und Ex-Lover der anderen Beraterin, führt Faust zum kollektiven Outing in einer Gruppentherapie. Dort begegnet Faust „Gretchen“/Sophie und verliebt sich in sie. Doch ihre Psyche kann der gewaltsamen Therapie ihres Kindmordtraumas nicht standhalten. Am Ende sitzt Faust vor dem Computer, in dem der Psychiater die Daten von Gretchens Seele gespeichert hat.
Die Globalisierung und Hybridisierung hat auch die Liebe erfasst und verändert. Neue Leidenschaften und Süchte sind entstanden: Konsum, Erfolg, Wellness, Technik. Partnerbörsen und Chatrooms, Reisen und Migration haben die Partnerwahl und Verhaltensweisen in der Liebe in wenigen Jahren verändert. Fremdkulturelle Liebeskonzepte und Lebensmodelle, die totale Veröffentlichung des Diskurses über Liebe und Sexualität, Einflüsse der Medien eröffnen neue Möglichkeiten, schaffen aber auch Unsicherheit. Wie lässt sich mit den Vorstellungen von Liebe leben? Was wird als Glück erlebt, und wie ist es zu erreichen, wo doch die Gefühle unbelehrbar sind und ihre eigene Dynamik entfalten?
Ein Überblick über die Thematik in Theater und Medien war der Ausgangspunkt. Dann wählten die Teilnehmer Figuren, Situationen und Konflikte um die Liebe, die in einem Creative writing Prozess koordiniert und dramatisiert wurden. Interkulturelle Recherchen erforderte eine Liebesgeschichte zwischen einem Moslem und einer Deutschen. In einer anderen Liebesgeschichte kam eine Vernissage vor – also wurde eine Malwerkstatt im Atelier von Johann Schuierer organisiert. Bei der Besetzung von „liebe mich“ gab es einige „switching identities“: den Maler im Stück spielte ein Musiker, der den Song komponierte für den Gesangstudenten im Stück, den ein Tänzer spielte, der gerade seine Stimme entdeckte.
Konzept, Creative Writing Guide, Inszenierung | Susanne Vill |
Dramaturgie | Ulrich Proschka, Pamela Schuster, Dirk Linnemann, Larissa Siggel, Carsten Reith |
Bühne, Kostüme | Ensemble |
Musik | Dirk Linnemann |
Regieassistenz | Andrea Scheithe-Erhardt |
Licht, Ton | Yvonne Kröhnert, Elana Siberski |
Faust (männlich) | Ulrich Proschka |
Faust (weiblich) | Larissa Siggel |
Sophie | Pamela Schuster |
Sibylle | Liane Kunrath |
Stella | Susanne Hinger |
Diana (Die Süchtige) | Karina Schoenbeck |
Dr. Wagner | Dirk Linnemann |
Homer | Carsten Reith |
Assistentin | Marion Timpf |
Der Schizophrene | Tim Schumacher |
Die Nymphomanin | Susanne Hinger |
Die Exhibitionistin | Liane Kunrath |
Der Künstler | Weijie Yu |
Die Klaustrophobische | Dagmar Claassen |
Der Narzisst | Yong-Dong Lee |
Aufführungen
Bayreuth Theater im Audimax am See 9.-11. Februar 2006